Die
Zeit rast. Und mit ihr rase ich dahin, verfließe und vergesse mich in
Aktivitäten. Ständig wird was reingestopft, das Hirn beschäftigt, mit
Informationen und Unterhaltung.
Da war es in dieser Woche ein besonderer
Moment, als mich die bedächtigen Zeilen von Peter Zumthor mit meiner Erinnerung
zusammenbrachten.
Ich
sah mich beim Betreten des Gartens in dem die West-Ost-Friedenskirche auf dem
Olympiagelände steht – außerdem Wohnhaus, Museum und Kapelle. Ein Garten, der Zeit und
der Welt drumherum enthoben. Menschen gelangten vollkommen unvermittelt in
diesen Garten und wurden so ganz anders berührt, als es im Rummel vom Tollwood
im Allgemeinen geschieht.
Ich
sah mich beim Betreten dieses Gartens. Obstbäume wölbten in einer
Willkommensgeste ihre Zweige über den schmalen Kiespfad. In den Bäumen hingen Schmuckstücke, Seidenblumen, Schnuller, Perlen, Schleifen und Puppen und verwiesen so auf das
verborgene Leben dieses Gartens.
Ein
Garten, in dem die Pflanzen ein Miteinander eingehen und eine Welt formen, die
für sich ist und die Besucher empfängt. Wärme durchströmte meine Hände wie
selten. Einer Freundin ging es ebenso. Wir staunten. Ich hatte das Gefühl, dass
dieser Garten bevölkert ist von unsichtbarer, aber deutlich spürbarer Gegenwart. Es ist ein Ort,
an dem viel gebetet worden und ein Ort, der allgemein als ein besonderer
Ort anerkannt ist.
Was,
wenn man überall in der Welt, an allen Orten, diese Besonderheit der Erde als eines unerschöpflichen Gartens anerkennen würde?
Irgendwie hab ich in diesem Garten gespürt, dass der über
viele Jahre hinweg geliebt und gepflegt worden ist. Hier wurde kein Unkraut
bekämpft. Königskerzen standen wie Königinnen im Weg.
Unwillkürlich habe ich inne gehalten, bei so viel Gegenwart.
Viele
Dinge die irgendwie der Vergänglichkeit anheim gegeben sind, sind hier zu einem
harmonischen Ganzen vereint, Heiligenbilder, Seiden- und Plastikblumen, alte Kerzen und ehemaliger Bauschutt, und doch ist zu spüren, dass hier etwas erhalten wird,
was bereits vergeht. Die Pflanzen jedoch, die vergehen und kommen wieder. Heimat
steht auf einem Pfeil mit Herz, der zum Himmel weist.
Diese
alten Obstbäume mit ihren gebogenen Zweigen. Dieses schützende, grüne
Blätterdach, durch welches golden die Abendsonne blinzelt. Die Majestät
einzelner Kräuter, die kraftvoll und zielgerichtet ihre Sägezähne und Schwerter ausfahren. Bemalte
Sonnenräder aus Stroh als Gruß an die Sonne.
Väterchen
Timofei war diesem Ort ergeben. Er barg den Kriegsschutt und errichtete daraus
einen Ort für sich, für die Menschen, einen Ort der Einkehr, des
Willkommenseins und des Gebetes.
Meine
Hände sind sehr heiß geworden, immer noch dicker und heißer und in der Kirche sitzend und betend ging mir das
Herz über. Ich war auf der Stelle bereit an die Gegenwart der Heiligen zu
glauben, die die Gebete entgegennehmen und mit sich führen.
Ich
werde froh sein, wenn ich sehe, dass sich eine Lösung aus dem Verlies von Abgeschiedenheit und Trennungen ergibt. Versöhnung von Ost und West?
Wahrscheinlich tut das Not.