Gestern
im Luftschutzkeller des Hauses der Kunst: Filme. So much I want to say.
Das Besondere
an dieser Situation: man geht hinein und lässt sich auf die Filme ein. Man kann
nichts und keinen bestimmten Film erwarten. Man weiß einfach nicht, was da
hinter den Vorhängen gespielt wird. Oft ist man mit dem Endlosloop eines
Filmes auch alleine.
Ich habe Filme gesehen von Tracy
Moffat, Mona Hatoum und Chantal Akerman.
Die Geschichte von Aboriginal Frauen
in Australien, die weiße Männer ausnehmen und so das Prinzip der erfahrenen Ausbeutung umkehren.
Ausschnitte
aus Filmen, in denen Hausangestellte sich unverschämt gegenüber ihren „Herren“ bzw. Damen verhalten und eine „kesse Lippe“ riskieren.
Das Bild einer Frau, der ein Mann
den Mund zuhält. So much I want to say. Das hätte sie alles sagen wollen, aber es bleibt ungesagt.
Eine Meditation von Chantal Akerman in der sie eine Frau,
Jeanne Dielman, bei alltäglichen Verrichtungen beobachtet, die aus der
Banalität heraus- in eine rituelle Hauptattraktion gewandelt werden:
Das Kneten
und Zermalmen von Hackfleisch mit den Händen erscheint endlos, am Rande der
Qual, langsam, ein unfreiwilliger Liebesakt wird zu etwas fast Freiwilligem,
Häuslichkeit wird gezeigt als rituelles Gefangensein, als notwendige Sicherheit, sauber abgegrenzt von
unvorstellbarer Freiheit.
Der Weg in die Freiheit in anderen Filmen als Abfolge von Wartezeiten und
immer gibt es Ziel und Zweck. Keine Freiheit. Gepackte Koffer. Kauern. Warten. Dicke Mäntel. Geduld. Endlose Geduld.
Schranktüren eine gigantische
Verschlusssache. Der Küchentisch ein kühler Meditationsort auf funktionierenden,
zweckmäßigen vier Beinen. Eine Kaffeetasse etwas, das einem Menschen Halt gibt,
während sein Blick abwesend an die nächste Wand ausschwärmt und dort
zurückgeworfen scheitert oder eben doch Geborgenheit in der Reflexion findet.
Ausgeworfene, verlorene Blicke kehren zurück.
Dann
noch der Film eines 1981 geborenen Künstlers, der die Welt faggy-gay machen
will: kaleidoskopartig treten hier Münder und Augen, Formen aufgelöst von
Farbfiltern, schrille Kostüme und Menschen ohne eindeutige
Geschlechtszugehörigkeit an und aufgedrehtes Lachen. Ein Film der die
Welt über Ambivalenz aufklären will. Bunt, grell, überdreht und
Heimatlosigkeit mit überdrehten Posen wird als neuer Standard eingeführt. Heute bin ich so, morgen
so, wer weiß das schon, Hauptsache ich bin unterhaltsam und kann mich jederzeit verwandeln, boy god, girl god. Er malt sich einen
Bart über die Oberlippe und sie telefoniert kichernd mit dem Teufel.
Als
ich aus den Kunstkabinetten im Keller wieder ans Freie trat wunderte ich mich
über die Gegenwart gigantischer Bäume, durch deren frisches Maigrün der Wind
strich und die Blätter rauschend und silbrig nach seinem Willen in Bewegung
setzte. Wogende Kronen, grauer Himmel, strömendes Wasser und frisches Gras.