Freitag, 5. Juli 2013

Versöhnung zwischen Ost und West


Die Zeit rast. Und mit ihr rase ich dahin, verfließe und vergesse mich in Aktivitäten. Ständig wird was reingestopft, das Hirn beschäftigt, mit Informationen und Unterhaltung. 

Da war es in dieser Woche ein besonderer Moment, als mich die bedächtigen Zeilen von Peter Zumthor mit meiner Erinnerung zusammenbrachten.

Ich sah mich beim Betreten des Gartens in dem die West-Ost-Friedenskirche auf dem Olympiagelände steht – außerdem Wohnhaus, Museum und Kapelle. Ein Garten, der Zeit und der Welt drumherum enthoben. Menschen gelangten vollkommen unvermittelt in diesen Garten und wurden so ganz anders berührt, als es im Rummel vom Tollwood im Allgemeinen geschieht.

Ich sah mich beim Betreten dieses Gartens. Obstbäume wölbten in einer Willkommensgeste ihre Zweige über den schmalen Kiespfad. In den Bäumen hingen Schmuckstücke, Seidenblumen, Schnuller, Perlen, Schleifen und Puppen und verwiesen so auf das verborgene Leben dieses Gartens.

Ein Garten, in dem die Pflanzen ein Miteinander eingehen und eine Welt formen, die für sich ist und die Besucher empfängt. Wärme durchströmte meine Hände wie selten. Einer Freundin ging es ebenso. Wir staunten. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Garten bevölkert ist von unsichtbarer, aber deutlich spürbarer Gegenwart. Es ist ein Ort, an dem viel gebetet worden und ein Ort, der allgemein als ein besonderer Ort anerkannt ist.

Was, wenn man überall in der Welt, an allen Orten, diese Besonderheit der Erde als eines unerschöpflichen Gartens anerkennen würde? 

Irgendwie hab ich in diesem Garten gespürt, dass der über viele Jahre hinweg geliebt und gepflegt worden ist. Hier wurde kein Unkraut bekämpft. Königskerzen standen wie Königinnen im Weg. Unwillkürlich habe ich inne gehalten, bei so viel Gegenwart.

Viele Dinge die irgendwie der Vergänglichkeit anheim gegeben sind, sind hier zu einem harmonischen Ganzen vereint, Heiligenbilder, Seiden- und Plastikblumen, alte Kerzen und ehemaliger Bauschutt, und doch ist zu spüren, dass hier etwas erhalten wird, was bereits vergeht. Die Pflanzen jedoch, die vergehen und kommen wieder. Heimat steht auf einem Pfeil mit Herz, der zum Himmel weist.

Diese alten Obstbäume mit ihren gebogenen Zweigen. Dieses schützende, grüne Blätterdach, durch welches golden die Abendsonne blinzelt. Die Majestät einzelner Kräuter, die kraftvoll und zielgerichtet ihre Sägezähne und Schwerter ausfahren. Bemalte Sonnenräder aus Stroh als Gruß an die Sonne.

Väterchen Timofei war diesem Ort ergeben. Er barg den Kriegsschutt und errichtete daraus einen Ort für sich, für die Menschen, einen Ort der Einkehr, des Willkommenseins und des Gebetes.

Meine Hände sind sehr heiß geworden, immer noch dicker und heißer und in der Kirche sitzend und betend ging mir das Herz über. Ich war auf der Stelle bereit an die Gegenwart der Heiligen zu glauben, die die Gebete entgegennehmen und mit sich führen.

Ich werde froh sein, wenn ich sehe, dass sich eine Lösung aus dem Verlies von Abgeschiedenheit und Trennungen ergibt. Versöhnung von Ost und West? Wahrscheinlich tut das Not.