Freitag, 27. Mai 2011

Isländischer Mohn und Fleischtomaten


Montag, 16. Mai 2011

Nimm' den Stein und schätze Dich glücklich

Selber in einer Situation zu sein, schließt eigentlich aus, dass diese Situation irgendwie „objektiv“ zu beschreiben wäre. Ich kann sie nur aus dem „Fass“ heraus beschreiben und bestenfalls hinterher aus der Beschreibung erkennen, dass ich im Fass gesessen bin – vorausgesetzt, dass ich ein Fass kenne, schon einmal dringesessen bin. 

Ein Fass wäre hölzern. Das hier hat eher mit Glas zu tun – Glas, nicht in seiner transparenten, zusammenhängenden Form, sondern zerbrochenes Glas, Splitter. 

Ich fühle mich shuttered, erschüttert und verletzt. Ich fühle mich ungeschützt, verletzlich und verwundbar. Für ein Neugeborenes habe ich zuviele Erinnerungen, die mich erschrecken, zuviele Ängste, was alles passieren könnte. 

Ich bin immernoch der Überzeugung, dass ich – was auch immer mich in diesen Zustand versetzt hat – das nur selber herausfinden kann. Miles away from love in a cold, cold, dangerous world, far away from love and care and warmth and protection. In einer kalten Welt aus Felsgestein, in dem nichts mehr lebt, krabbelt und wärmt. Hier ist es nur noch Existenz. Steife Existenz, nackte, bloße Existenz. Mineralische Verbindungen. Die Welt unbewegten Steins. 

Lebendig begraben. Mit Gefühlen, mit Gefühlsfähigkeit unter Steinen, in kalte Steine gebettet, die Steine anflehend – ohne Resonanz und Echo, ohne Widerhall. Nichts dringt durch den Stein hindurch. Er kann hier nichts zurück geben. Der Wind pfeifft. Die Einsamkeit greift. Der falsche Ort, wo alles nach Geborgenheit schreit. 

Wenn ich könnte, ich würde heute nicht aus dem Haus gehen. Ich würde hier bleiben. 

Als ginge es darum, Gestein zu integrieren. Das Höchste und das Tiefste. Die Bewahrer. Das im Stein Gespeicherte, im Stein Gewusste, Verdichtete. Wenn der Stein sein Wissen preisgibt, dann möchte ich dabei sein – tiefere Schichten gibt es nicht. Tieferes Wissen gibt es nicht. Das im Stein gefrohrene Wissen hält ewig. 

Wenn es erwacht, führt es zur Zerschlagung der bestehenden Weltordnung. Da bleibt kein Baustein auf dem anderen. Da gibt es zunächst Zerrüttung, Zerstörung in stehenden Mauern. Das Gefühl der Zerstörung bei einer bestehenden äußeren Struktur. Der Verlust von allem, was sonst Stabilität und ein so genanntes "Gutes Gefühl" gibt, das Gefühl, das alles in Ordnung ist. 

Da ist auch Offenheit. Ein großes Ohr, das in eine vermeintlich garstig gewordene Welt hinauslauscht. In eine Welt, die – ohne Bewusstsein – mir grausam vorkommt.

Eine Welt, die so ist, wie sie ist. Sei mit ihr oder sei gegen sie – Deine Wahl. Schwimm mit der Flussrichtung oder gegen den Strom. Kehr um! Die Welt ist richtig, Du bist falsch. Dich versteht keiner mehr. Du bist verirrt. Halt ein! Kehr um! 

Sag mir mehr darüber. Wie sollte eine solche Umkehr gehen? Wie sollte ich das erkennen? Wie sollte ich erkennen, dass es nun in eine andere Richtung geht? Wie sollte ich meine Gedanken ändern? 

Du musst erkennen, wer sie denkt. Danke dafür und dann ist es gut. Dann entsteht etwas anderes. 

Die steinerne Welt, die Welt kalter, grauer Felsen, kalter grauer, formloser Brocken, denkt sie. Eine Welt, in der nichts mehr wächst. Eine Welt, der die Wärme der Sonne nichts mehr nützt. Das Aufheizen der Steine bewirkt etwas mehr Schwingung, die erlahmt, sobald die Sonne verschwindet. Die steinerne Welt kalter, grauer Felsen, kennt kein Erbarmen, kennt nur ihr Dasein, so wie es ist. Unverrückbar. 

Verwechsel Dich nicht mit der Welt in der Du lebst. 

Aber dies sind die Bilder, die ich hervorbringen kann. 

Das ist richtig. Es sind deine Bilder. Deine Empfindungen. 

Ja, meine Empfindungen. Hier bin ich Täter und Opfer. Hier bin ich Gestein und werde von ihm zerschnitten. Hier zerfließe ich, bin offen und werde zugleich gesteinigt. Steinigung aus kalten, erbarmungslos zerstörischen Gedanken – jenseits von Freude, jenseits von Wärme, jenseits von Geborgenheit und Liebe. 

Muttergestein. Mondgestein. Nächtliches Gestein. Nächtliche Kälte. Fahles Licht. Undurchdingliche Stärke. Undurchdringliche Dichte. Speicher von Menschheitswissen und Gedächtnis. Stein, der am längsten überdauert hat. Stein, der am meisten erduldet hat. Stein, das kalte, namenlose Gewissen der Welt. Kalter Stein, kühlender Stein. Trotzt Wasser, Feuer und Licht und Erde und zerfällt irgendwann doch, nach und nach. Gibt alles preis, reichert mineralisch an, teilt sein Wissen und kann von allem aufgenommen, weitergereicht werden. In zerlegter Form. In zerlebter Form. 

Kompakt kann nur alles an ihm zerschellen, zerschnitten werden. An eine Felswand prallen. Vom Felsen gestürzt. Kalte Felsen, Orte, denen man entkommen möchte. 

Hier kommt der Adler zurecht. Der findet seine Beute auch zwischen den Steinen. Sein Flug krönt die Spitzen der Dächer der Welt, die Zinnen der Welt. Er kennt keine Angst vor Höhe, Weite und Kälte. Sein Gefieder schützt ihn, seine Sicht ist scharf, sein Schnabel packt zu. Er lebt in unwirtlichen Gegenden und ihm fehlt nichts. Er führt die Verlorenen heim.

Mit dem liebenden Blick auf die Steine, erscheint ihr Innenleben und ihre Oberfläche, erscheint ihre nahezu undurchdringliche Dichte, die jeden überfordern würde, der sich ihr nicht liebevoll und geduldig annähert. Eine ewige Oberfläche, mal rauh, mal glatt, dicht, haltbar, schützend, stumpf schillernd und allem trotzend.

Steinhäuser, Steiniglus, Steinhütten. Die Bank auf der Du sitzt. Der Tisch von dem Du isst. Kind der Steinzeit. Der stumme Begleiter Deiner Tage, der als Bruchwerk auf Deinem Regalbrett schweigt. Steinkinder, rollender Kies und begehrte mineralische Götter als Schmuck für Deine Finger und Dein Haupt. Stein erglänzt und Stein weiß mehr als alle anderen. Ist Heilmittel und zutiefst irdische Substanz. Kommt direkt von der nährenden Mutter - nicht vom Himmel, sondern von der Erde. Von der unbedingten Mutter, solange Du ein Mensch bist, bestehend aus Elementen. Ohne Stein wärest Du nicht.

So dank der mineralischen Welt.

Stein wird zu Brennstoff, zu Wärme in einer unwirtlichen Lage. Nimm' den Stein und schätze Dich glücklich. Beginne voller Vertrauen, Deine Weisheit zu befragen. Die kommt vom Stein und von dieser Welt. 

Mittwoch, 11. Mai 2011

Die Sonne scheint

Ob ich böse bin oder gut?
Die Sonne fragt nicht danach. 
Sie wärmt, wer in der Sonne steht.

Ob ich böse bin oder gut? 
Der Mond fragt nicht
und sieht auch nicht nach.

Die unpersönlichen Kräfte umgeben uns. 

Die Erde, auf der wir stehen,
sie nährt die Pflanzen und die Bäume. 
Sie gibt Öl, Kohle, Gold und Silber
und noch mehr. 

Sie fragt nicht, ob der, der danach gräbt, 
böse ist oder gut. 

Der Himmel zeigt sich,
sobald wir den Kopf zu ihm wenden. 

Mal erscheint das Reich der Lüfte hellblau,
mal schwarz, mal dunkelgrau, dunkelblau,
mal sternenüberseht, wolkenverhüllt,
von wolken gestopft, die Höhe gestutzt,
wie eine Trennschicht zwischen oben und unten. 

Aber all das, es ist nicht ein Fünkchen persönlich. 
Die Luft ist zum atmen da und kein Feuer fragt nach, 
ob Du moralisch gut gehandelt hast oder nicht. 

Wenn Du Feuer machen willst,
dann brauchst Du ein Feuerzeug 
oder etwas, mit dem man Feuer machen kann 
und die Kenntnisse, wie man Feuer macht. 

Aber es fragt Dich nicht,
ob Du Dich dabei gut fühlst oder nicht. 

Auch das Wasser fragt nicht. 
Es ist vergiftet oder rein. 
Es ist die Folge,
von Zuflüssen und Kreisläufen. 

Hast Du Gift reingekippt,
dann ist es giftig und vergiftet. 

Aber es ist keine Moral dahinter. 
Einzig das Gesetz des Wirkens,
des Aufeinanderwirkens. 

Hier gibt es keine Verurteilung
für die Kleinen, Gemeinen und Hässlichen. 
Keine persönliche Rache.

Nur Ursache und Wirkung. 
Nur Folgen. Das reicht völlig. 

Die Sonne scheint für alle. 
Der Mond ist auch da. 

Wasser, Luft, Erde und Feuer sind da. 
Ohne die wären wir nicht. 

Und ohne Zündfunken in uns selbst auch nicht. 

Pflanzen wachsen. 
Vögel zwitschern
und manche lernen von den Klingeltönen. 

Gestirne sehen wir wandern. 

Katzen streichen um das Haus
und um die Beine
und wollen gefüttert werden. 

Sonst jagen sie Vögel und Mäuse.
Sind sie böse oder gut? 

Die Sonne wärmt.
Es taut. Es kräftigt.
Es wird Licht und wirft Schatten. 

Das ist alles nicht kompliziert, moralisch auch nicht. 

Es ist Zeit dem Licht
und seiner Gedankenlosigkeit zu fröhnen. 

Die Sonne scheint.










Dienstag, 3. Mai 2011

Minigeschichten im Clavichord - Kleines Mädchen

Kleines Mädchen, komm’ zu mir! 
Kleines Mädchen, ich warte hier!

Kleines Mädchen, komm’ zu mir 
ich warte hier so lange schon. 
Ich seh’ Dich von weitem, 
ich ahne Dich in meiner Nähe. 
Kleines Mädchen, vom fernen Stern, 
hol’ mich hier ab! 


Kleines Mädchen, da kommst Du angelaufen... 
im rosa Kleid in weißen Pantinen, 
wie schön bist Du anzusehen! 

Kleines Mädchen, feines Mädchen, 
liebes Mädchen, laß’ Dich laufen, 
mit Dir möchte ich mein Leben erleben, 

Dir möchte ich was kaufen, 
auf dem Rummelplatz, zwischen Zuckerwatte, 
Losbude, Karussell und Riesenrad. 


Mit Dir möchte ich mein Leben teilen. 
Mit Dir möchte ich geniessen, 
lass uns nachsehen, wie die Blumen sprießen. 

Kleines Ding, ich hab’ Dich so gern. 


Kleines Mädchen, ich sehe Dich schon. 
Kleines Mädchen, gehe mit mir, komm’ mit mir! 
so lange schon habe ich auf Dich gewartet!