Sonntag, 24. Februar 2013

Sinnliche Natur


Am letzten Sonntag habe ich einen Spaziergang gemacht. Und da war "es" irgendwie ganz kurz mal da, das Besondere des Ortes am Fluß. Es äußerte als plötzliche Intensität meiner Eindrücke.

Der Blick zerfloss in fließendem Wasser, folgte den Oberflächenbewegungen und sich schnell verändernden, mäandernden, ovalen, blasenförmig schlingernden Lichterscheinungen an der Oberfläche, folgte den bewegten Spiegelfragmenten des Himmels in der Wasseroberfläche, inmitten der schlammbraunen, winterschweren Brühe.

Der Blick folgte dem Verlauf von Ästen, ihren Windungen, sah sie als schwarze Zeichnung gegen den hellgrauen Himmel. Von Baum zu Baum ebenso charakteristisch wie einzigartig. 

Weiter ging es in Farbe und Feuchtigkeit von Baumrinden, in ihre aufgesprungen Lippen, ihr spezielles Geheimnis, verfolgte Zeichnung und Beschaffenheit, Pilz- und Moosbesatz. 

Ich vernahm den Geruch von Moder und Kälte. Von gefrorener Erde.

Mir fiel dazu ein Text ein, der sich auf das allgemeine Unverständnis all jener Sprachen bezog, die nicht aus aneinandergereihten Wörtern bestehen. 

Wie oder in was sollte ich Eindrücke übersetzen, die sich nicht wörtlich ausdrücken?

Was ist mit der Sprache der Vögel? Was ist mit der Sprache einer Baumrinde oder eines gewellten Blattes? Was ist mit der Sprache von Zweigen, die sich gegen den Himmel abzeichnen? 

Was ist mit der Wucht der Wolken, die sich am Himmel zeigen, blähen, verwehen, schuppen oder was sie eben tun? Was ist mit all dem?

In dem Text stand, dass es Sprachen sind, die sich direkt auf den Menschen, auf seinen Körper auswirken. 

Nur sind "wir" es gewohnt, all diese Auswirkungen zu übergehen, überhören, übertönen, es zu leugnen, noch bevor es ins Bewusstsein getreten ist. 

Da ist etwas, das ist immer da und ich tu so, als wäre da nichts, nichts von Bedeutung...

Da gibt es auf der einen Seite das Gejammer „Ich fühle mich entwurzelt. Ich fühle mich heimatlos. Da ist nichts. Ich bin isoliert.“ Und auf der anderen Seite, da meldet sich manchmal etwas und es wird  nicht bemerkt, dass es da ist: Das geleugnete Offensichtliche und Ausdruck des Nichtbegrifflichen.

Die Form und Farbe von Steinen, Blättern und Blumen. Die Linien eines Vogelfluges, schwimmender Fische oder achternder Bienen Gesumm. 

Der Weg, den der Wind und Wolken nehmen, die Farben des Himmels, die Atmosphäre von etwas – da draußen oder auch da drinnen, innen, Unaussprechliches, Unbenennbares.

Natürlich ist hier wenig „Unterhaltsames“ und „Ablenkendes“ zu finden. Sich in diese Sprache zu begeben, bedeutet den Körper zu verstehen.

Die Ohren belauschen, die Bilder im Augenlicht beobachten und Gerüche riechen. Die Haut auf ihre Eindrücke befragen, die Härchen, jede Sinneszelle auf ihre Wahrnehmungen hin wahrnehmen.

Dies nur mal so als Möglichkeit. Sonst kriegt man davon nichts mit.