Samstag, 21. Januar 2012

Rockstars


Eine Dokumentation über die Rolling Stones. Der unglaubliche Charme, Sex, Auflehnung, Wut, Charisma – alles was einem Betrachter entgegenkommt, wenn er Mick Jagger und Keith Richards und Charlie Watts über den Bildschirm flimmern sieht.

Rockstars. Ungeheuer attraktiv. Zum verlieben. Wen oder was liebt man, wenn es einen wegen einem Rockstar erwischt?

Der Faszination erliegen. Wunschträumen nach eigenem Ausdruck. Sehnsucht nach der eigenen Wucht und Wut. Sehnsucht danach, es allen zu zeigen. Einen Stinkefinger für alle und doch so genial sein, dass man trotzdem noch geliebt wird, trotzdem noch oder noch mehr gewollt wird. Kein Rolling Stone wurde weniger berühmt, geliebt oder attraktiv, nur weil sie ein Hotelzimmer zertrümmert hatten.

Was macht diese Bewegungen so unglaublich anziehend? Mick Jagger von hinten, sein Gang, seine Art zu gehen, schmalhüftig und dabei auszudrücken: Leckt mich doch am Arsch und das voller Energie und Grazie, wie ein Tänzer, seine Rückseite zu kontrollieren, sie den Blicken mit samt einer Botschaft zur Verfügung zu stellen, zu wissen, dass er nun gesehen wird, zu wissen, dass seine schmale Silhouette, sein Selbstbewusstsein, er, ganz er zu sein....

....wobei dieses ganz „er“ ein Werbegag, eine Erfindung ist – angeblich: Er sei ehrgeizig gewesen, intelligent, fleissig. Er hätte eine 1a Jugend gehabt, keinerlei Traumata. Nichts an ihm sei aufmüpfig, daneben oder undiszipliniert gewesen.

Und dann später, als junger Mann, im Pelzkragen, mit Blick in die Kamera, mit Sonnenbrille, mit dem Blick, „ich fick Deine Schwiegermutter“, und dann die Aussage: Oh nein, ich nehme keine Drogen, das ist doch gegen das Gesetz.

Ungeheuerlich, angstfrei, größenwahnsinnig, gnadenlos von sich überzeugt. Und auch unmenschlich: Als einer der Rolling Stones, Brian Jones, in die Drogensucht abglitt, sage einer der anderen dazu: „Wir hatten keine Zeit, uns um Brians Probleme zu kümmern.“

Kräftemessen und Respekt vor den gemessenen Kräften. Man sieht es ihnen einfach an, dass sie vor nichts Halt gemacht haben, alles, was ihnen eingefallen ist, ausgelebt haben „wir haben gefickt wie die Karnickel“ und sie sehen immer noch gut aus und gefährlich anziehend.

Würdig auch. Mick Jagger im Hemd mit gestärktem Kragen. Er sieht unverschämt gut aus. Keith Richards ebenfalls. Habe früher immer behauptet, dass mir die Art von Mick Jagger zu vulgär sei. Man hätte auch dranschreiben können: war mir zu verboten.

Da ist was Verbotenes an dieser Lebendigkeit, an der Erotik sowieso. Aber da ist nichts Mitmenschliches zu erkennen. Das sind Ikonen, geboren, gesehen zu werden, begehrt zu werden. Nicht um eingefangen zu werden.

Dieser Wunsch, denen nahe sein zu wollen, der stellt sich sofort ein. Das Gefühl es mit ungeheuerlich interessanten Menschen zu tun zu haben. Wie ein lebenverheißender, betörender Duft.

Und all das war auch L. für mich. Ist er auch für mich. Er verfügt über die Attraktion eines Rockstars. Alles erlebt. Ohne Tabus. Mit Humor. Nicht bürgerlich. Nicht kleinlich (er versteckt seine heiligen Cds unter seiner Kommode, bevor ein Übernachtungsgast kommt – könnte ja sein, dass er/sie drauftritt) – nur nach eigenen Regeln lebend – nur und alles nach den eigenen Regeln. Come in, this is my wonderland, and this is my wonderpowerbar....

Und Mick Jagger oder Keith mit den magischen Augen und L. oder Charlie Watts als mittlerweile geheimnisvoller Schlossherr, diese unglaublich interessanten Gesichter – wo ist da der Unterschied?

Ich spüre, wie ich zum Groupie werde, mein Leben klein und unbedeutend, voller unerfüllter Momente und Sehnsüchte, Power, die keinen Ausdruck findet (Hier im Zimmer ist es zu laut.... beklagte sich die Arbeitskollegin)

Power, die sich an den falschen Stellen entlädt, Power, die, wenn nicht am richtigen Platz, Feinde schafft, Power, die irgendwie nicht richtig rauskommt, irgendwo vor sich hingammelt und einen nicht mehr schlafen lässt.

Es ist ja etwas da, wonach ich Sehnsucht und Heimweh habe. So sehr, dass ich auch von L. nicht ablassen kann, und starke Gefühle habe, wenn ich Keith oder Mick über die Bühne hüpfen sehe, wenn ich sie in Inverviews sehe, diese lebende Absage an die bürgerliche Welt. 

Diese Existenzform, die man immer wieder totgesagt hat, zu Unrecht, wie man sieht, die Herren sehen großartig aus, versprühen Esprit, Leben und eine unsichere Weisheit. 

Man erwartet Leben und Leidenschaft, sieht das Geheimnis eines eigenwilligen und erfüllten Lebens, sieht die Angstfreiheit und hat sogar das Gefühl, dass ihnen die eingemeißelten Falten sehr gut stehen, jede eine Story wert ist.